Catherine Cushman – Lady wider Willen // aka eine Ode an die Emanzipation und Philosophieren über die Vergangenheit

Ich liebe es, in versunkenen Wracks nach Schätzen zu tauchen, beziehungsweise in Kisten mit gebrauchten Büchern drin. Nicht nur, dass dieser unvergleichliche Geruch nach Büchern umso allgegenwärtiger ist, sondern auch, dass man da, ohne, dass man neue Bäume umbringen muss, ältere Bücher wieder zum Leben erwecken kann. So erging es mir mit Lady wider Willen von Karen Cushman, gefunden in den Prinzessinengärten am Moritzplan im wunderbaren Berlin.

In diesem Schatz erzählt die vierzehnjährige Catherine von Stonebridge, Grafschaft Lincoln von ihrem schrecklichen Leben als Hausarbeitsbestreiterin, Flöhefängerin und natürlich Käselaib, der an den erstbesten Mann versteigert wird. Aber nicht mit Birdy! Je kreativer sie mit absichtlichen Verunglimpfungen ihrerseits wird, desto schneller rennen die Bewerber. Bis einer tatsächlich zu alt ist zum Rennen. Will heißen: alt, eklig und sehr um Catherine bemüht. Wo sie doch eigentlich alles andere als eine Lady sein möchte, wie zum Beispiel Gaukler oder Ritter. Wo sie doch eigentlich nicht nur nach dem Spitznamen Birdy Flügel haben möchte, die sie in Freiheit ausbreiten kann…

Ja… am Cover und direkt an den ersten Wörtern schon kann man erkennen, dass dieses Buch eigentlich für die Altersgruppe jenseits meines bereits geschafften Lebens geschrieben wurde, aber mal ehrlich: Wer zur Hölle liest nicht auch einmal ein „Kinderbuch“ und ist kein bisschen distanziert davon? So im Sinne von: Hach, ist das wieder süß, wie wir als Kinder damals so drauf sein konnten.“ Sondern man IST wieder das Kind von damals, malt sich aus, einfach wegzulaufen und auf eigene Faust zu überleben, nicht so ein Davonlaufen, dass Pädagogen dazu veranlasst, ein Bild zu malen, sondern ein Abenteuer. Zum Glück erlebte ich damals nicht dieses Gebundensein, diese Beschränkung auf ein hübsches Gesichtchen, keinem Genital zwischen den Beinen und der Fähigkeit, schön sittsam im Hintergrund zu bleiben. Meine Mutter ist selber emanzipiert und stark und hat mich das auch spüren und zum Ideal werden lassen.

So, zurück zum Buch… Es ist wunderbar einsaugend in die Kindheit und nicht nur wegen der Ich-Form sehr identifizierend. Auf jeden Fall wertvoll für die jüngere Generation (und auf keinen Fall nur Mädchen!) und geschichtlich ebenfalls interessant, obwohl ich bezweifle, dass ein derart anderes Denken unwahrscheinlich wäre, aber wer weiß?

Ich hatte heute unabhängig von diesem Artikel den Gedanken, ob nicht vielleicht unsere Vorfahren die ganzen Porträts und Aufzeichnungen und Gemälde gemacht, sich mit koboldhaftem Lächeln die Hände gerieben und zu ihrem Telefonat zum Mars zurückgekehrt sind. Wer sagt denn, dass es so gewesen sein muss, wie es uns die Nachweise nachweisen? Ebenfalls unwahrscheinlich. Aber wer zum Kuckuck weiß?