Ein Polizist in einer moralisch zerfressenen Welt … [Rezension]

REZENSION VON „SIRENEN“ PAR PHILIPPE DIJAN –

Ein Polizist in einer moralisch zerfressenen Welt / Ein Vertreter des Staates, dessen Entscheidungen er nicht billigt / Ein Rechtspositiver, der rebellische Ideologien verfolgt / Ein Mensch, der seine Position nicht vertritt / Ein Mensch, der sein Leben verachtet.

Der französische Polizist Nathan auf der Suche nach dem brutalen Mörder der rebellischen Firmenboss-Tochter Jennifer Brennen lebt ein Leben zwischen allen möglichen Fronten: zwischen seiner Affäre Marie-Jo (ebenfalls Polizistin) und seiner Ex-Frau Chris; zwischen seiner eigentlichen Ideologie und seinem Beruf; zwischen dem Wunsch, diesem diffusen Ideal des mutigen Rebellenführers zu entsprechen und dem Machtgefühl, das ihm eine Uniform und der Staat im Rücken verleiht.

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„VIEL zu kurz“ oder Die Emanze beschwert sich schon wieder

So begab es sich also, dass sich während eines bestimmten Kinofilms ein bestimmter Mensch fand, der laut und deutlich seine Aversion gegen einen bestimmten Rock zum Ausdruck brachte.

Dieser besagte Rock gehörte einer Filmfigur, die sich in der Szene für das allererste Frauenfußballteam in Frankreich bewirbt und im gesamten Film als nicht sehr schlaue Blondine dargestellt wird, welche jedoch sehr schlau mit äußerlichen Gegebenheiten ihrerseits umgeht. So weit, so nervig.

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#selflove oder Alle lieben sich, niemand kann sich mögen

Hallelujah, Selbstliebe ist im Trend.

Nicht einmal (zu sehr) ironisch gemeint, die Liebe zu sich selbst ist glücklicherweise vom #selflove-Trend zum Umschwung in so mancher Mentalität geworden (jedenfalls in digital-medialen – der Rest ist eine andere Geschichte).

Üblicherweise früher als Arroganz verteufelt und hinter Bescheidenheit versteckt und zum ehemaligen Sender zurückgeworfen; als wären Komplimente etwas, das wie von Spiegelscheiben zurückreflektiert werden müsste, quasi ein organischer Prozess („Nein, du bist ein Fliegengewicht!“, „Ooh Susiiiii, guck dich doch an <3“), braucht es jetzt nicht an Komplimenten, um sich selbst zu lieben; selflove ist eine Instanz geworden, die (hoffentlich!) niemand wirklich als arrogant bezeichnen würde.

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Das traurige Portrait der literarischen BESTEN FREUNDIN

„“Tut mir leid, Gwenny, es ist einfach megacool, eine unsterbliche Zeitreisende zur Freundin zur haben“ […] Ich konnte nicht anders, ich musste lachen“ (aus: Smaragdgrün von Kerstin Gier, 2010).

Ich grub mich also in einem All-Nighter durch jenen Teenie-Schinken, der mich schon so oft zum Lachen brachte und tief berührte. Diesmal allerdings auf unangenehme Art und Weise. Ein wenig juckend.

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Günter Kunert Degradieren oder: Der Sinn Des Lebens

So trug es sich zu, dass sich unter der Riege der Naseweisen eine besonders bemühte Naseweise fand, die Schiller nicht leiden konnte und ein Werk Günter Kunerts als „geradezu lachhaft am Thema vorbeigegangen“ verspottete.

Letzterer schrieb 1984 einen Essay namens „Aufklärung I“, in welchem er die Aufklärung als böse, ignorante Macht darstellt, die der Schafherde von Menschheit ihre Kirche und ihren Aberglauben wegnahm – pfui! – und sich sodann anmaßte, Kirche und Aberglauben nur mit Wissenschaft füllen zu wollen – was natürlich nicht ausreichen würde. Und so entsprangen der Aufklärung als Konsequenz „Krämpfe der Sinnlosigkeit und Langeweile“ – und hier wird es lachhaft.

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Poetry nowadays

It feels like I should maybe write a poem
but right now,

I can only think in English
and write neatly on the lining of my overpriced notebook
and call it a poem

when it's not.

Poetry nowadays.

Gedankenfluss // „Ruhm“ von Daniel Kehlmann

 – HIER zur Rezension – 

Was sind Gebete?

Worte, die man an jemanden richtet, von dem man eigentlich nur weiß, dass dieser größer als man selbst ist. Von dem man sich Gnade erhofft bzw. von dem man hofft, dass er gnädig genug ist, die Geschichte, die er schreibt, zu unseren Gunsten ausgehen zu lassen. Was wäre also, wenn wir die Protagonisten in einem riesigen Roman wären, ohne Protagonist und Nebenfigur, tausende Details und als Autor unsere Vorstellung von Gott.

Wir sind erstaunt, wenn wir in einem Buch lesen, wie sich Figuren an den Autor wenden, aber tun wir nicht genau das? Weiterlesen